Betty Bossi der Kinderspielbücher
Zu Gast Susanne Stöcklin-Meier, sie schreibt seit über 30 Jahren Bücher für Jung und Alt.

Von Emiliana Gutzwiller, Redaktorin BR / Zofinger Tagblatt

Erwachsene reden oft über Werte, statt sie vorzuleben und kindgerecht zu
vermitteln. Konkret und lebensnah wird Susanne Stöcklin-Meier am Dienstag in
Safenwil erläutern was im Leben wirklich zählt. Über eine Million Bücher der
Schweizer Spielpädagogin und Autorin sind seit Jahrzehnten im deutschen
Sprachraum im Einsatz.

«Es gibt keine perfekten Eltern und keine perfekten Kinder, aber alle Eltern
können gut sein», zitiert Susanne Stöcklin-Meier ein italienisches
Sprichwort und gesteht lachend: «In der Erziehung meiner beiden
mittlerweile erwachsenen Töchter war ich auch nicht fehlerlos. In gewissen
Belangen war ich wohl etwas zu streng, aber immer liebevoll.»
Liebevoll sind auch Susanne Stöcklin-Meiers Bücher. Mit ihren pädagogischen
Werken wie «Falten und Spielen», «Unsere Welt ist bunt», «Naturspielzeug»
oder «Verse, Sprüche und Reime für Kinder» bringt sie seit bald 40 Jahren
Klein und Gross zum Spielen und Staunen und verleitet zum Entdecken eigener
Fähigkeiten, die vor sich hinschlummern oder in Vergessenheit geraten sind.
«Ich will der inneren Fantasie wieder Raum geben. Sinneserfahrungen, Rituale
und Spiele geben nicht nur den Kindern Kraft und Halt, sondern auch uns
Erwachsenen.»

Gerne erinnert sich Susanne Stöcklin-Meier an ihre Kindheit. «Wir besassen
zwar nicht so viel, doch meine Mutter und mein Vater setzten mit kleinen
Festen Glanzlichter in den Alltag.» So beim alljährlich stattfindenden
Milchkaffeetrinken mitten in den blühenden Schneeglöckchen oder mit der
jeweils ersten Fahrt im Frühling mit dem Velo. «Wir schmückten die
Lenkstange mit Grünzeug und fuhren zur Fähre nach Murgenthal. Nach dem
Übersetzen gab es immer eine feine Ovomaltine», erinnert sich Susanne
Stöcklin-Meier, die in Niederbipp aufgewachsen ist und heute mit ihrem Mann
im baselländischen Diegten lebt.

In einem Zeitalter, wo Konsumieren und der hohe Stellenwert materieller
Güter für viele Menschen zu einer Lebenshaltung geworden ist, zeigt Susanne
Stöcklin-Meier mit ihren Spiel- und Beschäftigungsbüchern genau das
Gegenteil auf. «Mit etwas Fantasie lässt sich die halbe Welt herbeizaubern.
Diese ganz wundersame Zauberei liegt in den Händen der Kinder und Eltern. Es
braucht dazu beispielsweise nur Papier, das sich leicht falten lässt und
schon kann man in die wunderbare Welt der Zwerge, Engel und Elfen, der
Geschichten und Träume eintauchen.»


So offen Susanne Stöcklin-Meier unfassbaren Dinge gegenüber ist, so stark
steht sie mit beiden Beinen auf der Erde. «Genau so wie Kinder Zeit zum
Spielen brauchen, haben sie ein Recht auf Werte, gute, konsequente
Autorität, wenige, aber verbindliche Regeln und klare Grenzen. Das gibt
ihnen Sicherheit und Selbstvertrauen.»

Seit Jahren beschäftigte sich die Kinder- und Spielbuchautorin mit der
Frage, wie menschliche Grundwerte, allen voran Wahrheit, Liebe, Rechtes
Handeln, Frieden und Gewaltlosigkeit, zum Wohl der Allgemeinheit und an
Kindern weiter gegeben werden kann.

Monatelang hat Susanne Stöcklin-Meier mit Pädagoginnen und Pädagogen, Eltern
und Kindern über die Probleme der Werteerziehung diskutiert, um
herauszufinden, was im Leben wirklich zählt. Daraus entstand das Buch «Was
Kinder wirklich brauchen» (Kösel Verlag). In diesem konkreten, praktischen
und lebensnahen Werk sind viele Rituale, Spiele und Praxisvorschläge,
Gesprächsanregungen und Familienideen enthalten.
Doch wie lassen sich Werte im Alltag am besten an Kinder weitergeben? «Indem
wir mit Kinder täglich Werte beachten, sie vorleben und gemeinsam handeln.
Kinder lernen durch Nachahmung und darum hat unser Vorbild einen grösseren
Einfluss auf sie, als uns das allgemein bewusst ist», unterstreicht die
ehemalige Kindergärtnerin und liefert Beispiele. Das kann heissen: Nach
einem Streit den ersten Schritt zur Versöhnung machen. Einem alten Menschen
den eigenen Sitzplatz anbieten. Zugeben, dass man einen Fehler gemacht hat.
«Kinder können mit Werten ganz selbstverständlich gross werden, wenn sie
ihnen im Alltag immer wieder begegnen. Wenn das Kind aber beispielsweise
das Telefon abnimmt und Mutter oder Vater ihm andeuten: „Sag, ich bin nicht
zu Hause“, lernt es nebenbei, Lügen ist etwas Normales oder Akzeptables.
Dabei ist Wahrheit die Grundlage zum Vertrauen», gibt Susanne Stöckli-Meier
zu bedenken.

Und welche Erfahrungen hat Susanne Stöcklin-Meier bei der Werte-Erziehung
ihrer beiden Töchter gemacht? «Das wichtigste war mir immer, dass das
Gespräch nie abgebrochen ist. Wir haben uns über Gott und die Welt
unterhalten, Geschichten erzählt, Bücher vorgelesen, viel gesungen und
gespielt. Sie lernten auch über ihre Gefühle zu sprechen. Wir konnten ihnen
die Liebe zu den Mitmenschen, den Tieren, Pflanzen und dem Spirituellen
mitgeben.»

Susanne Stöcklin-Meier weiss aus eigener Erfahrung, dass Kindererziehung
viel Kraft, Zeit und Geduld erfordert. Deshalb plädiert sie, dass Familien
mit zeitgemässen Arbeits- und Schulmodellen unterstützt werden. «Werte wie
beispielsweise Ehrlichkeit, Achtung vor der Natur, Hilfsbereitschaft, Mut,
Gewaltlosigkeit und Toleranz müssen nicht nur im Elternhaus, sondern im
Kindergarten, in der Schule und in der Gemeinschaft gelebt werden. Wir
können von den Kindern und Jugendlichen nur verlangen, was wir selber
einhalten. Werterziehung fängt immer bei uns selber an, so nach dem Motto:
«Was nützt die beste Erziehung, die Kinder machen uns doch alles nach!»

Vortrag mit Susanne Stöcklin-Meier zum Thema «Was im Leben wirklich zählt»
am Dienstag, 31. Oktober, 19.30 Uhr, in der Aula des Primarschulhauses
Safenwil.