Erwachsene
reden oft über Werte, statt sie vorzuleben und kindgerecht zu
vermitteln. Konkret und lebensnah wird Susanne Stöcklin-Meier am Dienstag
in
Safenwil erläutern was im Leben wirklich zählt. Über eine Million
Bücher der
Schweizer Spielpädagogin und Autorin sind seit Jahrzehnten im deutschen
Sprachraum im Einsatz.
«Es
gibt keine perfekten Eltern und keine perfekten Kinder, aber alle Eltern
können gut sein», zitiert Susanne Stöcklin-Meier ein italienisches
Sprichwort und gesteht lachend: «In der Erziehung meiner beiden
mittlerweile erwachsenen Töchter war ich auch nicht fehlerlos. In gewissen
Belangen war ich wohl etwas zu streng, aber immer liebevoll.»
Liebevoll sind auch Susanne Stöcklin-Meiers Bücher. Mit ihren pädagogischen
Werken wie «Falten und Spielen», «Unsere Welt ist bunt»,
«Naturspielzeug»
oder «Verse, Sprüche und Reime für Kinder» bringt sie
seit bald 40 Jahren
Klein und Gross zum Spielen und Staunen und verleitet zum Entdecken eigener
Fähigkeiten, die vor sich hinschlummern oder in Vergessenheit geraten sind.
«Ich will der inneren Fantasie wieder Raum geben. Sinneserfahrungen, Rituale
und Spiele geben nicht nur den Kindern Kraft und Halt, sondern auch uns
Erwachsenen.»
Gerne
erinnert sich Susanne Stöcklin-Meier an ihre Kindheit. «Wir besassen
zwar nicht so viel, doch meine Mutter und mein Vater setzten mit kleinen
Festen Glanzlichter in den Alltag.» So beim alljährlich stattfindenden
Milchkaffeetrinken mitten in den blühenden Schneeglöckchen oder mit
der
jeweils ersten Fahrt im Frühling mit dem Velo. «Wir schmückten
die
Lenkstange mit Grünzeug und fuhren zur Fähre nach Murgenthal. Nach
dem
Übersetzen gab es immer eine feine Ovomaltine», erinnert sich Susanne
Stöcklin-Meier, die in Niederbipp aufgewachsen ist und heute mit ihrem
Mann
im baselländischen Diegten lebt.
In
einem Zeitalter, wo Konsumieren und der hohe Stellenwert materieller
Güter für viele Menschen zu einer Lebenshaltung geworden ist, zeigt
Susanne
Stöcklin-Meier mit ihren Spiel- und Beschäftigungsbüchern genau
das
Gegenteil auf. «Mit etwas Fantasie lässt sich die halbe Welt herbeizaubern.
Diese ganz wundersame Zauberei liegt in den Händen der Kinder und Eltern.
Es
braucht dazu beispielsweise nur Papier, das sich leicht falten lässt und
schon kann man in die wunderbare Welt der Zwerge, Engel und Elfen, der
Geschichten und Träume eintauchen.»
So offen Susanne Stöcklin-Meier unfassbaren Dinge gegenüber ist, so
stark
steht sie mit beiden Beinen auf der Erde. «Genau so wie Kinder Zeit zum
Spielen brauchen, haben sie ein Recht auf Werte, gute, konsequente
Autorität, wenige, aber verbindliche Regeln und klare Grenzen. Das gibt
ihnen Sicherheit und Selbstvertrauen.»
Seit
Jahren beschäftigte sich die Kinder- und Spielbuchautorin mit der
Frage, wie menschliche Grundwerte, allen voran Wahrheit, Liebe, Rechtes
Handeln, Frieden und Gewaltlosigkeit, zum Wohl der Allgemeinheit und an
Kindern weiter gegeben werden kann.
Monatelang
hat Susanne Stöcklin-Meier mit Pädagoginnen und Pädagogen, Eltern
und Kindern über die Probleme der Werteerziehung diskutiert, um
herauszufinden, was im Leben wirklich zählt. Daraus entstand das Buch «Was
Kinder wirklich brauchen» (Kösel Verlag). In diesem konkreten, praktischen
und lebensnahen Werk sind viele Rituale, Spiele und Praxisvorschläge,
Gesprächsanregungen und Familienideen enthalten.
Doch wie lassen sich Werte im Alltag am besten an Kinder weitergeben? «Indem
wir mit Kinder täglich Werte beachten, sie vorleben und gemeinsam handeln.
Kinder lernen durch Nachahmung und darum hat unser Vorbild einen grösseren
Einfluss auf sie, als uns das allgemein bewusst ist», unterstreicht die
ehemalige Kindergärtnerin und liefert Beispiele. Das kann heissen: Nach
einem Streit den ersten Schritt zur Versöhnung machen. Einem alten Menschen
den eigenen Sitzplatz anbieten. Zugeben, dass man einen Fehler gemacht hat.
«Kinder können mit Werten ganz selbstverständlich gross werden,
wenn sie
ihnen im Alltag immer wieder begegnen. Wenn das Kind aber beispielsweise
das Telefon abnimmt und Mutter oder Vater ihm andeuten: „Sag, ich bin
nicht
zu Hause“, lernt es nebenbei, Lügen ist etwas Normales oder Akzeptables.
Dabei ist Wahrheit die Grundlage zum Vertrauen», gibt Susanne Stöckli-Meier
zu bedenken.
Und
welche Erfahrungen hat Susanne Stöcklin-Meier bei der Werte-Erziehung
ihrer beiden Töchter gemacht? «Das wichtigste war mir immer, dass
das
Gespräch nie abgebrochen ist. Wir haben uns über Gott und die Welt
unterhalten, Geschichten erzählt, Bücher vorgelesen, viel gesungen
und
gespielt. Sie lernten auch über ihre Gefühle zu sprechen. Wir konnten
ihnen
die Liebe zu den Mitmenschen, den Tieren, Pflanzen und dem Spirituellen
mitgeben.»
Susanne
Stöcklin-Meier weiss aus eigener Erfahrung, dass Kindererziehung
viel Kraft, Zeit und Geduld erfordert. Deshalb plädiert sie, dass Familien
mit zeitgemässen Arbeits- und Schulmodellen unterstützt werden. «Werte
wie
beispielsweise Ehrlichkeit, Achtung vor der Natur, Hilfsbereitschaft, Mut,
Gewaltlosigkeit und Toleranz müssen nicht nur im Elternhaus, sondern im
Kindergarten, in der Schule und in der Gemeinschaft gelebt werden. Wir
können von den Kindern und Jugendlichen nur verlangen, was wir selber
einhalten. Werterziehung fängt immer bei uns selber an, so nach dem Motto:
«Was nützt die beste Erziehung, die Kinder machen uns doch alles
nach!»
Vortrag
mit Susanne Stöcklin-Meier zum Thema «Was im Leben wirklich zählt»
am Dienstag, 31. Oktober, 19.30 Uhr, in der Aula des Primarschulhauses
Safenwil.